Gamification: „Das 13. Monatsgehalt ist keine Motivation“

Roman Rackwitz - Gamification-Experte

Interview mit Gamification-Pionier Roman Rackwitz

Roman Rackwitz gilt als der deutsche Gamification-Pionier, der als Erster die Gamification im deutschsprachigen Raum konsequent anging. Er ist Begründer des Engaginglab, der einzigen Full-Service-Agentur für Gamification im deutschsprachigen Raum. Am 8. November 2018 war der Experte Gast der von keeunit veranstalteten Impulskonferenz zum Arbeiten und Lernen der Zukunft TALENT THINKING.

Gleich zum Einstieg: Wie definieren Sie „Gamification“?

Roman Rackwitz: Die offizielle Definition kommt von Sebastian Deterding und beschreibt Gamification als den Einsatz spielerischer Elemente in einem nicht-spielerischen Kontext. Es gibt immer noch die verbreitete Vorstellung, dass Mitarbeiter den ganzen Tag auf dem Smartphone daddeln und nicht mehr zur Arbeit kommen. Dabei ist es eher so, dass der User im Optimalfall gar nicht das Gefühl hat zu spielen. Was wir uns eher vom Spiel abschauen, ist die intrinsische Motivation: Wir strengen uns beim Monopoly oder Candy Crush an und bringen die beste Leistung, weil wir selbst es wollen. Diese Motivation nutzen wir im Rahmen einer Gamification-Strategie.

Was kann Gamification dabei mehr leisten als andere Lernformate?

Roman Rackwitz: Die großen Vorteile liegen in der Natur des Designs. Der Lernstoff wird möglichst leicht und spielerisch vermittelt. Neu an dem Gamification-Ansatz ist zudem, dass das Material sich dem User anpasst. Oft genug funktioniert die Arbeitswelt noch nach dem Leitgedanken „Passe dich dem System deines Unternehmens an“. Das gilt für tägliche Arbeitsabläufe und auch die Weiterbildung. In Seminaren werden Themen vorgegeben, die dann jeder Mitarbeiter mühsam erarbeiten muss. Dieses lineare Lernen ist sehr starr und ignoriert die individuellen Lerntypen. Das Spiel funktioniert anders und begibt sich auf das Level des Users. So machen 100 Spieler 100 unterschiedliche Erfahrungen. Die Software misst, was der User bereits kann und passt sich seiner Lerngeschwindigkeit an. So ist der Nutzer nie unterfordert, aber auch nicht überfordert.

Und bedeutet Gamification immer den Einsatz einer Lern-App?

Roman Rackwitz: Es kann, muss aber nicht die App auf dem Smartphone sein. Die Anzahl der Personen, die ihr Smartphone beruflich einsetzen, steigt und wird mit dem Verfestigen von digitalen Arbeitsstrukturen sicher weiter steigen. In gastronomischen Betrieben, wo Service-Mitarbeiter viel unterwegs sind, haben wir erfolgreiche Gamification-Konzepte für das Smartphone entwickelt, da macht es Sinn. Wer aber ganz klassisch im Büro arbeitet, dem sollten hilfreiche Informationen und Lernmaterialien dorthin geliefert werden, wo er sich die meiste Zeit aufhält: Dem Schreibtisch. Wir arbeiten heute zumeist am Computer. Deshalb ist es sinnvoll, dem Mitarbeiter bei seinen anstehenden Aufgaben zu unterstützen. Eine Lern-Software kann dann beispielsweise erkennen, dass ein User bei der Umsetzung einer Vorgabe Schwierigkeiten hat. Sie stellt Informationen zur Verfügung, die bei der Lösung des Problems helfen könnten. Das Lernen wird so in den eigentlichen Job integriert und das Erlernte wird sofort umgesetzt. Die Lernmotivation ist so immens hoch.

Braucht also jedes Unternehmen in Zukunft eine Gamification-Strategie?

Roman Rackwitz: Das lässt sich nicht pauschal sagen. Aber es ist natürlich so, dass wir immer mehr hin zu einer digitalisierten Dienstleistungsgesellschaft werden. Umso weniger wir in der repetitiven Produktion arbeiten, je mehr rücken die kognitiven Leistungen des Individuums in den Fokus. Alle Unternehmen werden sich also mit der Frage beschäftigen müssen, wie sie die Stärken jedes einzelnen Mitarbeiters bestmöglich fördern und abrufen können. Dazu gehört es zu verstehen, wie der Mensch lernt und wie er zu Höchstleistungen zu motivieren ist. Und wie die jüngsten Tendenzen zeigen, ist diese Motivation nicht mit dem 13. Monatsgehalt zu bekommen.

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